Das Register europäischer Stähle umfasst über 2400 verschiedene Stahlsorten. Wir von der Otto Klostermann GmbH, ihrem Experten für Blech- und Stahlbearbeitung stellen Ihnen hier die zehn wichtigsten Arten, sowie Ihre Rolle im Stahlbau, der Stahlbaukonstruktion und der Stahlbearbeitung vor.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Das Stahl-Bezeichnungssystem nach DIN EN 10027
- Was ist hochwertiger Stahl?
- Die wichtigsten Grund- und Baustähle
- Beliebte Qualitätsstähle mit mittlerem Kohlenstoffgehalt
- Werkzeugstähle
- Bau-, Maschinen- und Behälterstahl
- Stahlgruppen und Anwendungen: unlegierter vs. legierter Stahl
- Welche Stahlsorten werden in Kraftfahrzeugen verwendet?
Das Wichtigste in Kürze
- Je höher der Kohlenstoffgehalt, desto härter ist der Stahl.
- Unlegierte Baustähle machen den Großteil der Stahlproduktion aus.
- Bei legierten Stählen entscheiden die Anteile an anderen Metallen über die Eigenschaften.
Das Stahl-Bezeichnungssystem nach DIN EN 10027
Die DIN EN 10027 umfasst mehrere Bezeichnungssysteme, nach denen sich alle Stahlsorten eindeutig benennen lassen:
- Kurznamen in Hauptgruppe 1: Die Buchstaben- und Zahlenkombinationen inklusive Zusatzsymbole lassen direkte Rückschlüsse auf die Anwendungsgebiete, Verarbeitung und Mindeststreckgrenze der Stahlsorte zu.
Beispiel: S235JR – das „S“ steht für „Structural Steel“ (Baustahl), die Zahl 235 beschreibt die Mindeststreckgrenze in N/mm². Ergänzungen wie „JR“, „J0“ oder „J2“ geben an, wie zäh der Stahl bei verschiedenen Temperaturen ist. Damit bezeichnet S235 einen typischen Baustahl mit guten Verarbeitungs- und Schweißeigenschaften, der sich vielseitig in tragenden Konstruktionen einsetzen lässt. - Kurznamen in Hauptgruppe 2: Die Benennung erfolgt entsprechend der chemischen Zusammensetzung.
Beispiel: C45 – das „C“ steht für Kohlenstoffstahl, „45“ für den mittleren Kohlenstoffgehalt von etwa 0,45 %.Diese Benennung ist typisch für sogenannte Vergütungsstähle, die sich durch Härtbarkeit und eine hohe Verschleißfestigkeit auszeichnen. - Nummernsystem: Benennung nach Werkstoffhauptgruppennummer (1 für Stahl), zweistelliger Stahlgruppennummer und chronologischer Zählnummer
Im internationalen Kontext ist auch die SAE-Klassifikation verbreitet. SAE steht für „Society of Automotive Engineers“ – ein amerikanisches System zur Einteilung von Stählen. So entspricht zum Beispiel SAE 1045 in seinen Eigenschaften weitgehend dem europäischen C45, kann sich jedoch in der Tolerierung der Legierungsanteile unterscheiden. Besonders in der Automobil- und Exportindustrie ist diese Bezeichnung geläufig.
Was ist hochwertiger Stahl?
Hochwertiger Stahl ist ein Begriff, der sich nicht allein auf die chemische Zusammensetzung, sondern insbesondere auf die Qualität, Verarbeitungseigenschaften und Einsatzanforderungen bezieht. Er zeichnet sich durch präzise definierte Eigenschaften, geringe Verunreinigungen sowie enge Toleranzen bei der Herstellung aus.
In der Praxis handelt es sich bei hochwertigen Stählen häufig um vergütete, legierte oder niedriglegierte Werkstoffe mit besonderen mechanischen Eigenschaften wie hoher Festigkeit, Zähigkeit, Verschleißfestigkeit oder Temperaturbeständigkeit. Typische Vertreter sind Vergütungsstähle wie C45 oder hochlegierte Werkzeugstähle wie 1.2379 (X153CrMo12).
Solche Werkstoffe werden überall dort eingesetzt, wo Sicherheitsanforderungen, hohe Lasten oder extreme Einsatzbedingungen bestehen – etwa im Maschinen- und Fahrzeugbau, in Werkzeuganlagen oder in der Offshore-Industrie.
Die wichtigsten Grund- und Baustähle
Baustähle kommen im Stahl- und Maschinenbau zum Einsatz. Zusammen mit Betonstählen machen sie über die Hälfte der weltweiten Stahlproduktion aus. Im Folgenden stellen wir Ihnen drei beliebte Sorten vor, die im Stahlbau zum Einsatz kommen:
Stahl 1.0037 S235J
Dieser unlegierte Baustahl kommt in nahezu allen Industriezweigen für vielfältige Zwecke zur Anwendung. Mit 0,17 bis 0,2 Prozent hat er nur einen geringen Kohlenstoffanteil und dadurch eine geringere Festigkeit als viele andere Stahlsorten. Er überzeugt mit seiner guten Schweißbarkeit und leichten Umformbarkeit, was ihn perfekt zur Herstellung von Stahlteilen macht.
Stahl 1.0038 S235JR
Dieser reine, unlegierte Baustahl wird heiß gewalzt und verfügt über eine gute Formbarkeit, Zähigkeit und hervorragende Schweißbarkeit. Durch seine geringe Streckfestigkeit lässt er sich gut in unterschiedliche Formen bringen und dient dadurch als Material für Winkelgriffe, Kanäle, Träger uvm. Außerdem ist er verbreitet beim Bau von Brücken, Funkmasten und anderen Einsatzgebieten, die eine gute Schweißbarkeit erfordern.
Stahl 1.0044 S275J0
Dieser unlegierte Baustahl hat einen hohen Kohlenstoffgehalt, der ihn extrem hart macht, ohne ihm etwas von seiner Formbarkeit und Dehnbarkeit zu nehmen. Die Festigkeit dieses Stahls ist durchschnittlich. Dank seiner hohen Haltbarkeit kommt er sowohl im Baugewerbe als auch bei der Fertigung von Karosserieteilen, Rohren und Drähten zum Einsatz.
Beliebte Qualitätsstähle mit mittlerem Kohlenstoffgehalt
Dort, wo hohe Festigkeit und ein höherer Verschleißwiderstand gefragt sind, kommen Stahlsorten mit einem höheren Kohlenstoffgehalt zum Einsatz.
Stahl 1.0503 C45
Mit einem Kohlenstoffgehalt zwischen 0,42 und 0,5 Prozent ist dieser Stahl insgesamt fest und widerstandsfähig. Die hohe Zugfestigkeit geht allerdings mit einer geringeren Formbarkeit und Wärmeleitfähigkeit einher. Diese Eigenschaften machen den unlegierten Vergütungsstahl ideal als Material für Zahnräder, Lager, Wellen und andere Bauteile, die hohen Reibungskräften ausgesetzt sind.
Stahl 1.0570 S355J2G3
Mit nur maximal 0,2 Prozent Kohlenstoff ist diese kaltgewalzte Stahlsorte eher kohlenstoffarm. Trotzdem überzeugt sie mit einer hervorragenden Formstabilität, ist magnetisierbar und lässt sich gut zerspanen. Als Standardwerkstoff für einfache Maschinenteile wird sie bevorzugt im Temperaturbereich zwischen -10 und 300 °C eingesetzt. Alternativ kommt diese Stahlsorte auch im Werkzeug-, Anlagen-, Apparate- und Prototypenbau zum Einsatz.
Werkzeugstähle
Werkzeugstähle sind genauso vielfältig wie die Utensilien, die aus ihnen hergestellt werden. Die unterschiedlichen Eigenschaften werden durch den Kohlenstoffgehalt und andere Metalle in den legierten Stählen erzeugt.
Stahl 1.2379 X153CrMo12
Dieser legierte Stahl enthält Anteile von Kohlenstoff, Mangan, Chrom, Vanadium und Molybdän, die ihm eine hohe Festigkeit und Zähigkeit verleihen. Er ist beständig gegen Verschleiß, was ihn ideal für den Einsatz in Maschinen und Werkzeugen mit einer hohen Abnutzung macht. Aus dieser Stahlsorte werden zum Beispiel Scherblätter, Schneidplatten und Schlitzmesser hergestellt.
Stahl 1.2510 100MnCrW4
Neben einem hohen Kohlenstoffgehalt enthält dieser Stahl Mangan und Chrom, die ihm eine gute Haltbarkeit, hohe Festigkeit und hervorragende Beständigkeit gegenüber Verschleiß verleihen. Auch nach mehreren Jahren zeigen Bauteile aus dieser Stahlsorte keine Ermüdungserscheinungen, was sie zum idealen Werkstoff zur Herstellung von Leitschienen und Schablonen macht. Gleichzeitig lässt sich das Material aber auch gut schärfen, wodurch es der ideale Rohstoff für Schneidwerkzeuge und Messer aus Metall ist.
Bau-, Maschinen- und Behälterstahl
Die folgenden Stahlsorten aus den Gruppen der Bau-, Maschinen- und Behälterstähle sind relativ vielseitig einsetzbar.
Stahl 1.1191 XC48H1
Diese Stahlsorte mit mittlerem Kohlenstoffgehalt lässt sich sehr gut härten, wodurch sie eine widerstandsfähige Oberfläche bekommt. So lassen sich aus dem leicht zu bearbeitenden und schweißenden Stahl robuste Muttern, Schrauben, Getriebelager und andere Kleinteile herstellen.
Stahl 1.7218 25CrMo4
Diese Stahlsorte wurde speziell für die Herstellung von Bauteilen, die starken Belastungen standhalten müssen, entwickelt. Dank ihrer außerordentlichen Festigkeit und Widerstandsfähigkeit ist sie ideal zur Herstellung von Zahnrädern, Wellen, Ventilen und anderen Bauteilen in Maschinen, die sich nicht einfach auswechseln lassen und deswegen möglichst lange halten sollen.
Stahl 1.7225 42CrMo4
Dieser legierte Stahl mit Chrom, Molybdän und Mangan eignet sich primär zur Herstellung von Gussformen. Mit seiner hohen (Schlag)Festigkeit, Zähigkeit und Härtbarkeit kommt es außerdem zur Herstellung von Maschinen, Rädern, Grundplatten, Getriebewellen und Achsen zum Einsatz.
Stahlgruppen und Anwendungen: unlegierter vs. legierter Stahl
In der Werkstoffkunde unterscheidet man Stahl unter anderem nach dem Gehalt an Legierungselementen. Diese Einteilung beeinflusst maßgeblich die Verarbeitungseigenschaften und das Einsatzspektrum.
Unlegierte Stähle bestehen überwiegend aus Eisen und Kohlenstoff mit geringen Anteilen anderer Elemente. Sie sind leicht formbar, gut schweißbar und wirtschaftlich in der Herstellung.
Typische Anwendungsbereiche:
- Tragwerke im Hoch- und Tiefbau
- Maschinenrahmen
- Blechkonstruktionen
- Allgemeiner Stahlbau
Beispiele:
- S235JR (1.0038)
- C45 (1.0503)
Legierte Stähle enthalten gezielt beigefügte Elemente wie Chrom, Molybdän, Nickel oder Vanadium. Diese beeinflussen z. B. die Härtbarkeit, Korrosionsbeständigkeit oder Festigkeit bei hohen Temperaturen.
Typische Anwendungsbereiche:
- Bauteile mit hoher dynamischer Beanspruchung
- Druckbehälter, Achsen und Wellen
- Werkzeuge und Formen
- Anlagen- und Fahrzeugbau
Beispiele:
- 25CrMo4 (1.7218)
- 42CrMo4 (1.7225)
- X153CrMo12 (1.2379)
Welche Stahlsorten werden in Kraftfahrzeugen verwendet?
Die Anforderungen an Werkstoffe im Fahrzeugbau sind hoch: Neben einem geringen Gewicht werden eine hohe Festigkeit, Zähigkeit und gute Verarbeitbarkeit verlangt. Daher kommen vor allem hochfeste, vergütbare und legierte Stähle zum Einsatz.
Zwei typische Vertreter im Bereich der automobilen Antriebstechnik sind:
- 25CrMo4 (1.7218): Dieser niedriglegierte Chrom-Molybdän-Stahl ist zäh, verschleißfest und sehr belastbar. Er wird u. a. für Zahnräder, Getriebekomponenten, Wellen und Ventile verwendet – überall dort, wo Bauteile hohen dynamischen Kräften ausgesetzt sind.
- 42CrMo4 (1.7225): Einer der verbreitetsten Vergütungsstähle im Fahrzeugbau. Dank seiner hohen Festigkeit, Zähigkeit und Härtbarkeit eignet er sich hervorragend für stark beanspruchte Bauteile wie Antriebswellen, Kurbelwellen, Achsen oder Radnaben.
Beide Werkstoffe vereinen eine hohe Leistungsfähigkeit mit wirtschaftlicher Bearbeitbarkeit und sind somit zentrale Werkstoffe in der Konstruktion moderner Fahrzeuge.